Wir brauchen Verstärkung (Teil 2)

MKramer | Eintrag vom 22.02.2012

Hallo liebe Cardcoaches Mitglieder,

ich bin der festen Überzeugung dass der "Skill" beim Pokern häufig überbewertet wird. Versteht mich nicht falsch, wir müssen die Theorie beherrschen um langfristig zu gewinnen. Aber die Rückrichtung stimmt nicht - wer die Theorie beherrscht gewinnt nicht auch automatisch. Ich kenne so viele tolle Spieler die ständig nach dem Motto "from Zero to Hero and back to Nothing" ihre Bankrolls zerstören.

 

Daher habe ich in meinem letzten Blog bereits klar gemacht wie wichtig das Bankroll Management für jeden ambitionierten Spieler ist. Aber das BRM ist nur ein Teil des "Poker-Mindset", es benötigt noch viel mehr um das Spiel zu meistern.

 

Ein sehr großes Problem für viele Spieler dürfte die Einordnung des Pokerns in ihr Leben sein. Die meisten von uns werden folgende Dinge schon (zumindest phasenweise) erlebt haben

 

  1. Verschobener Schlafrhytmus
  2. Ungesunde Ernährung und wenig sportliche Betätigung
  3. Sonstige Hobbies und Freunde werden vernachlässigt
  4. Studium/Job/Ausbildung verliert an Priorität oder wird sogar abgebrochen

 

Ein sehr guter Freund und Highstakesspieler von mir hatte z.B. mal für meine Silvesterparty abgesagt weil er "stuck" war und über Neujahr mehrere Tage durchgegrindet hat mit dem Resultat des größten Downswings seines Lebens.

 

Ich erinnere mich an meine ersten 3 Pokerjahre, nicht selten ging die Sonne auf als ich ins Bett ging, für meine damalige Freundin und mich gab es nur ein kleines Zeitfenster in welchem wir Zeit miteinander verbringen konnten - und das obwohl wir zusammen wohnten. Ich habe mich schlecht ernährt und an Form verloren. Ich habe in meinem Informatik Studium 2 Jahre lang prokrastiniert und auch sonst keinerlei Dinge für meine berufliche Zukunft in dieser Zeit gemacht.

Das Resultat: ich habe Erfolg an den Tischen gehabt und gut verdient aber diese fehlenden Eckpfeiler führten dazu dass diese Resultate nicht langfristig waren. Nicht weil ich nicht gut genug war, sondern weil mir die richtige "Poker/Life" Balance und Sicherheiten im Rücken fehlten, wenngleich mir das damals nicht bewusst war. Ich erinnere mich dass ich mich oft nach kurzen sehr erfolgreichen Sessions ausgeruht habe und mich mit den Gewinnen zufrieden gab anstatt die profitablen Tische weiter zu spielen. Gab es Down-Sessions hat mich das sehr mitgenommen und ich habe oft Tage- oder gar Wochenlang nicht gespielt und in dieser Zeit nichts sinnvolles getrieben. Gleiches manchmal auch wenn ich sehr erfolgreiche Wochen hatte - ich gab mich mit dem Gewinn zufrieden aus zu großer Angst vor kurzfristigen Downswings.

 

Ich sehe den Grund darin dass ich zu sehr auf das Pokern alleine fixiert war, meine komplette Stimmung war von diesen Resultaten abhängig, dadurch entwickelte sich ein Teufelskreis und ich empfand kaum noch Motivation zu spielen - und das trotz einer Winrate von 20BB/100Hände auf den PLO Low/Midstakes über mehr als 100k Hände.

 

Heute sieht es genau anders aus: ich schließe mein Studium gerade im Eilverfahren mit tollen Resultaten ab und habe dadurch ab März eine tolle Stelle für meine Diplomarbeit bei einer großen Bank bekommen. Ich treibe sehr aktiv Sport, besuche Sprachkurse und engagiere mich im Verein und Hochschulsport. Ich ernähre mich viel bewusster und versuche so wenige "Zeitfresser" wie möglich in meinen Alltag zu lassen. Cardcoaches ist ein weiteres Engagement dass mir sehr viel Spaß macht und mich zugleich auch noch ständig mit Pokertheorie konfrontiert - win/win. Ich habe so viele Dinge die mich derzeit begeistern dass ich kaum Zeit finde um überhaupt zu pokern, insbesondere durch mein zeitintensives aber erfüllendes Studium habe ich diese Auszeit auch sehr genossen.

 

Aber dadurch habe ich mir jetzt ein Fundament geschaffen auf dem ich sehr befreit Pokern kann, ich bin nicht von diesem Geld abhängig und dadurch ist es nur eine Tätigkeit unter vielen, Swings werden zwar ärgerlich bleiben, sind aber von geringer Bedeutung in Anbetracht der vielen anderen Engagements die ich pflege.

Die letzten Monate habe ich meine Zeit kaum ins Pokern investieren können aber ich denke das wird sich langfristig auszahlen durch eine Stärkung meines Mindsets. Ich ziehe nächste Woche nach Frankfurt um, mal schauen was mich dort erwartet.

 

Mein Rat an euch:

 

  • Lasst das Pokern nicht zum Mittelpunkt eures Lebens werden
  • Macht euch unabhängig von eurem Pokergeld (sei es durch Nebenjobs oder ein BRM das euch beruhigende Rücklagen gibt)
  • Seid realistisch - kaum jemand wird sein gesamtes Leben durch Pokern finanzieren, meist wird es nur eine Phase von mehreren Jahren sein. Vernachlässigt euer Studium/Job/etc. nicht, es ist eure Sicherheit!
  • Keine Winning Session darf es wert sein ständig wichtige Menschen zu versetzen
  • Stay in Shape - ein gesunder Geist haust in einem gesunden Körper. Treibt Sport und lasst MCDonalds die Ausnahme sein!
  • Get a life, Facebook, 9gag, Serien und Flashgames ersetzen niemals einen tollen Abend in der Stadt oder einen Mittag am See. Lasst die "Zeitfresser" in einem gesunden Rahmen!

 

Mit solch einem tollen Leben im Rücken sind Downswings für euch doch nur noch belächelnswert, oder?

 

Holt euch eure Verstärkung,

Matthias Kramer

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